Kein SWIFT?

Chinas goldene Alternative zum Petro-Dollar

- 12.12.2017

Man braucht keine Politikwissenschaften studiert zu haben, um die seit Jahren zunehmenden Tendenzen hin zu einer multipolaren Weltordnung zu erkennen. Die Stellung der USA als letzte verbliebene globale Supermacht nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wird mittlerweile von einer wachsenden Allianz von Staaten herausgefordert. Im Zentrum steht ein solides Bündnis zwischen China und Russland, welches sich offen in Opposition zu den Interessen der USA und einiger ihrer Partner stellt. Ihre Forderung nach einer „faireren“ Weltordnung (Putin auf dem BRICS Summit in Xiamen, China im September 2017) stößt natürlich bei Systemgegnern und –Verlierern wie dem Iran, Venezuela oder Indonesien, auf offene Ohren und macht diese zu pragmatischen Verbündeten in geopolitischen, Handels- und Finanzsystemfragen.

Auch wenn man die von einem angeschlagenen Riesen ausgehende Gefahr niemals unterschätzen sollte, haben die Vereinigten Staaten in den vergangenen Jahren eine erstaunliche Vielzahl an Rückschlägen und Misserfolgen hinnehmen müssen - ohne darauf gebührend Antworten zu können. Russland stellte sich militärisch aggressiv den (offenkundig westlich-unterstützten) Regimechanges in der Ukraine und Syrien entgegen. Die resultierenden Sanktionen haben die russische Wirtschaft zwar geschwächt, aber zeitgleich den Zusammenschluss mit China wesentlich beschleunigt.

China wiederum leitet als Handelsmacht in Eurasien zukunftsweisende Infrastrukturprojekte, allen voran die „One Belt, One Road“-Initiative („neue Seidenstraße“) sehr erfolgreich in die Wege - ohne Einbeziehung und zum Missfallen der Amerikaner. Zudem gründete es im Alleingang die „Asia Infrastructure Investment Bank“ und gemeinsam mit den anderen BRICS-Staaten die „New Development Bank“ in direkter Konkurrenz zu der amerikanisch dominierten Weltbank und dem Internationalen Währungsfond.

Die größte Gefahr für die USA und das Weltfinanzsystem in seiner heutigen Form besteht mit Sicherheit in einer nachhaltigen Schwächung des Petro-Dollars. Mehr oder weniger freiwillig haben in den vergangen Jahrzehnten alle produzierenden Länder ihr Öl fast ausschließlich gegen US Dollar verkauft. Dieser Umstand führte zu einer beispiellosen Auslandsnachfrage nach Dollar als Reservewährung, was den Vereinigten Staaten immense Privilegien einbrachte. Sie erschufen Unmengen ungedeckter Fiat-Dollar aus dem Nichts und tauschten diese gegen reale Güter wie Öl, Rohstoffe und Fertigwaren. Die sich stetig ausweitenden Handelsdefizite (auch in Folge der kostspieligen Auslandsinterventionen) wären ohne den Petro-Dollar nicht möglich gewesen.

Wer als Öl-Exporteur in der Vergangenheit versuchte diesem System zu entfliehen, hatte nicht gerade rosige Zukunftsaussichten: Saddam Hussein verkündete im Jahre 2000 den Plan, irakisches Öls ausschließlich gegen Euro zu verkaufen und fand sich nur drei Jahre später auf der Flucht vor den amerikanischen Truppen in einem engen Erdloch wieder. Dieser Zusammenhang wird natürlich so nicht direkt kommuniziert. Abstreiten lässt sich allerdings nicht, dass der Irak weder etwas mit den Anschlägen vom 11. September zu tun hatte, noch im Besitz der Massenvernichtungswaffen war, die von den USA als Kriegseintrittsgrund gegenüber der UN angeführt wurden.

Dank den mittlerweile vom US Außenministerium veröffentlichen Clinton-Emails besteht zumindest kein Zweifel mehr daran, dass es bei dem „Nato-Engagement“ in Libyen vor allem um die Verteidigung des Petro-Dollars und nicht nur um die vorgehaltenen humanitären Gründe ging. Gaddafi hatte sich zuvor für die Einführung einer neuen, durch Gold gedeckten, panafrikanischen Währung, dem Gold-Dinar eingesetzt und wollte über diesen auch das libysche Öl vertreiben. Auch er fand sich 2011 auf der Flucht in einer engen Betonröhre wieder. Sein Land ist seither ein ernüchterndes Beispiel westlichen Scheiterns bei der Staatsbildung und muss zusammen mit dem Irak und Afghanistan unter dem Begriff „failed states“ zusammengefasst werden.

Doch China und Russland sind beides Atommächte. Militärische Interventionen sind folglich bei gesundem Verstand ausgeschlossen. Auch die wirtschaftlichen Beziehungen des Westens, insbesondere mit China, sind viel zu bedeutend, um mit ihnen ernsthaften Druck ausüben zu können. Aus diesem Kalkül heraus konnten sie sich offen gegen das Dollar-dominierte Welt-Finanzsystem positionieren und Maßnahmen ergreifen, die noch vor 20 Jahren undenkbar gewesen wären.

Der direkte Tausch von russischem Öl und Gas gegen chinesische Renminbi (Yuan) seit 2014 war dabei nur einer der ersten Schritte mit hohem Symbolgehalt. Wenn der größte Energieexporteur und der größte Energieverbraucher der Welt sich zusammenschließen und das über mehrere Jahrzehnte unantastbare alte System vollständig umgehen, hat das sicherlich starke Signalwirkung für den Rest der Welt. Inzwischen werden eigene Richtwerte in Konkurrenz zu den bisher einzigen nennenswerten Alternativen Brent und WTI, welche beide in Dollar notiert sind, dem internationalen Markt angeboten.

China steht kurz vor der Einführung eines eigenen Öl-Futures-Marktes in Shanghai, an dem ausschließlich in Renminbi gehandelt und geliefert werden wird. Erst vor wenigen Wochen hat das krisengeplagte Venezuela angekündigt, sein Öl zukünftig in Renminbi zu führen und unter Umgehung des Dollars handeln zu wollen. Auch der Iran hat dies schon in der Vergangenheit wiederholt getan und wird mit Sicherheit zukünftig einen beträchtlichen Teil seiner Exporte über die Börse in Shanghai handeln. Zusammen mit weiteren, kleineren Öl-Exporteuren (wie beispielsweise Kasachstan) reden wir hier nicht von unbedeutenden Randerscheinungen im Öl-Markt, sondern von knapp einem Drittel der weltweit nachgewiesenen Ölreserven!

Bisher sitzen naturgemäß vor allem Länder in diesem Boot, welche aufgrund Ihrer nicht immer US-konformen Positionen schon Sanktionen gespürt haben oder befürchten müssen. Dollar-Konten könnten jederzeit eingefroren oder konfisziert werden. Internationale Dollar-Transaktion laufen immer über das SWIFT-System, von dem ein Ausschluss, wie der Iran ihn zwischen 2012 und 2016 erfahren musste, einen fast vollständigen Zusammenbruch des Außenhandels bedeuten kann. Diesbezügliche Drohungen aus den USA sind bereits mehrfach in Richtung Russlands (und weniger offen Chinas) zu vernehmen gewesen. Russland hat bereits verkündet, für diesen Fall ein eigenen SWIFT-System in der Hinterhand zu haben.

Doch berücksichtig man die wachsende Bedeutung Chinas als Handelspartner und Rohstoffimporteur, könnten schon bald auch andere, bisher USA-nahe Länder wie Saudi Arabien folgen. Denn die chinesische Strategie zur Umgehung des Dollars geht noch viel weiter: In dem Bewusstsein, dass der Renminbi vermutlich noch länger nicht soweit ist, dem Dollar für sich alleine gestellt den Rang abzulaufen, haben sie einen weiteren, vertrauensbildenden Grundpfeiler für ihren Öl-Handel in Position gebracht: Der direkte Umtausch von Renminbi-Erlösen aus Öl-Verkäufen in Gold!

Im zweiten Teil dieses Artikels möchte ich Ihnen diese geschickte Strategie gerne noch detaillierter erläutern. Ich bin davon überzeugt, dass sie bei Erfolg weitreichende Konsequenzen für das Welt-Finanzsystem und den Goldmarkt haben wird. Hier geht es zu Teil 2: https://www.goldgeldwelt.de/chinas-goldene-alternative-zum-petro-dollar-teil-2

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GoldGeldWelt Gastautor

ist Diplom-Wirtschaftswissenschaftler und ehemaliger Filialleiter eines Edelmetallhändlers in Hamburg. Seine Spezialgebiete sind physische Edelmetallinvestments, sowie Blockchain und Kryptowährungen. In seinen Marktanalysen beleuchtet er das wirtschaftspolitische Big Picture.

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