Inflationäre Fiskalpolitik

Wallstreet spielt die "Trumpfkarte" Teil 2

- 10.12.2016

Es ist die finale Pokerrunde am großen Tisch ohne Einsatzlimit. Die letzte Karte wurde soeben offen gelegt und alle bis auf einen Spieler haben ihre Einsätze gemacht. Die Spannung ist unerträglich. Augenscheinlich ist der US-Champion genauso abgebrannt wie alle anderen - seine Kreditlinien bei der Spielbank sind bis ans Maximum ausgeschöpft und fast alle Chips wurden bereits eingesetzt. Eigentlich bliebe ihm nur noch der All-in, um im Spiel zu bleiben. Doch dann greift er regelwidrig bei der Bank in den Koffer voller neuer Chips und verdoppelt dreist seinen Einsatz. Auf den Protest der anderen Spieler hin lächelt er süffisant und sagt: „I created this game and I own the bank, so I make the rules.“

Auch wenn der aggressive Wettbewerb zwischen den großen Wirtschafts- und Währungsräumen der Welt viel zu ernste Folgen hat, um mit einem Pokerspiel verglichen zu werden, müssen sich die Konkurrenten der USA aktuell ähnlich vorkommen, wie die über den Tisch gezogenen Mitspieler obigen Beispiels. Gerade noch schien es so, als säßen die Vereinigten Staaten seit der Krise in der gleichen Falle wie der Rest der Welt: Chronisch überschuldet mit wenig finanziellem Spielraum bei anhaltend schwächelndem Wirtschaftswachstum und das trotz historisch niedriger Leitzinsen und extremen Marktunterstützungen durch die Zentralbanken.

Doch plötzlich zaubern die Amerikaner nach der Wahl eine „Trump-fkarte“ aus dem Ärmel und ändern damit kurzum die Spielregeln. Der gewählte Präsident Donald Trump hat angekündigt der US-Wirtschaft durch einen Mix aus Importzöllen, Deregulierungen sowie Billionen schweren Konjunkturprogrammen und Steuersenkungen wieder zu alter „Großartigkeit“ zu verhelfen. Bis auf die protektionistischen Komponenten würde wahrscheinlich jeder Staatschef gerne vergleichbare Programme auf den Weg bringen, doch im Gegensatz zu seinen Amtsvorgängern hat Trump die erforderlichen innenpolitischen Mehrheiten um seinen Worten auch Taten folgen zu lassen und im Gegensatz zu seinen weltweiten Amtskollegen hat er die Welt-Leitwährung US-Dollar als Geheimwaffe in der Hinterhand.

Diese verblüffend einfache Strategie, bei sinkenden Einnahmen auch noch die Ausgaben zu erhöhen, hätte bei jeder anderen Währung einen starken Wechselkursverfall zur Folge und würde damit die Finanzierungssituation von Staat, Unternehmen und Bürgern nur noch wesentlich verschlechtern. Doch nicht so im Falle der USA. Obwohl die „Trumponomics“ vor allem das Haushaltsdefizit „great again“ machen werden, bevor irgendein positiver Effekt in der Wirtschaft ankommt, feiern die US-Börsen seit der Wahl neue Rekordstände und der US-Dollar (-Index) wird mit einer Aufwertung auf ein neues 13-Jahres Hoch belohnt. Wie passt es also zusammen, dass die Vereinigten Staaten als erste Industrienation eine hoch inflationäre, durch ungezügelte Neuverschuldung finanzierte Fiskalpolitik ankündigen und der Dollar in der Reaktion sogar noch steigt?

Das Geheimnis hinter diesem oberflächlichen Logikfehler an den Finanzmärkten liegt nebst anderen Faktoren vor allem darin, dass mit der „Trumpflation“ ein gleichzeitiger Anstieg der Anlage- und Leitzinsen im US-Dollar-Raum erwartet wird. Dadurch würden Investitionen in Dollar für den niedrigzins-geplagten Rest der Welt attraktiver, was wiederum eine höhere Nachfrage nach dem Greenback und damit steigende Wechselkurse zur Folge hätte.

Hier kommt der große Unterschied der Leitwährung zu den Konkurrenzwährungen zum tragen: Der Rest der Welt braucht für den internationalen Handel vor allem US-Dollar-Reserven und muss in Krisenzeiten teuer verzinste Dollar-Kredite aufnehmen, um weiterhin dringend benötigte Güter wie beispielsweise Rohstoffe oder Waffen importieren zu können. Ufern diese Defizite aus, droht die Zahlungsunfähigkeit sowie in der Folge der vollständige Wertverlust der heimischen Währung – Venezuela liefert uns aktuell ein mahnendes Beispiel. Die USA hingegen verschulden sich ausschließlich in der Währung, die sie aus dem Nichts erschaffen und dann großzügig an den Rest der Welt verteilen können.

Selbst wenn der aktuelle Trend anhalten sollte und sich immer weniger internationale Gläubiger für die ausufernden US-Staatsschulden finden, kann notfalls die Federal Reserve mit einem weiteren Anleihekaufprogramm einspringen und die von Trump geplanten Defizite direkt aus der digitalen Notenpresse „finanzieren“. Sie können somit faktisch niemals zahlungsunfähig werden und ihre Inflation buchstäblich exportieren. Allerdings wären wir dann auch ohne viele Umschweife bei einer Ausprägung des viel besungenen Helikoptergelds angekommen – mit der bekannten Gefahr einer galoppierenden Inflation.

Es scheint so, als hätten die Amerikaner wieder einmal das beste Blatt im Spiel der großen Wirtschaftsräume gegeneinander. Die, aufgrund ihrer Bedeutung im internationalen Handel, einzig ernstzunehmenden Konkurrenzwährungen - Euro, Yen, Pfund und Yuan - sind derweil selber noch so krisengeschüttelt (Brexit und Italexit) oder -gefährdet (Schuldenblasen in Japan und China), dass an eine Straffung der Geldpolitik wie in den Staaten vorerst noch nicht zu denken ist. Die zunehmende Kapitalflucht in den Dollar setzt die Regierungen und Zentralbanken allerdings bereits jetzt in Zugzwang, so dass mittelfristig mit Nachahmern zu rechnen ist. In der Eurogruppe diskutiert man bereits offen über konjunkturfördernde Maßnahmen und Merkels Austeritätspolitik gerät zusehends unter Druck.

Doch ganz so einfach, wie Trump seine Pläne für die Wirtschaft präsentiert, ist es bei weitem nicht, denn es gibt eine gefährliche Kehrseite dieser inflationären Fiskalpolitik. Nicht umsonst haben die Zentralbanken in den vergangen acht Jahren alles unternommen, um die Zinsen niedrig zu halten und mussten an den Märkten Billionen an Schuldpapieren (und mehr oder weniger direkt auch an Aktien) mit ihren Kaufprogrammen vor dem Wertverfall bewahren. Die Welt ist überschuldet und das Wirtschafts- und Produktivitätswachstum reicht bei weitem nicht mehr aus, um die stetig wachsenden Belastungen für die Schuldner zu kompensieren.

Die US-Bürger und Unternehmen sind relativ zu Ihren Einkünften so hoch verschuldet, wie nie zuvor und ein großer Teil der Kredite ist variabel verzinst. Es bleibt abzuwarten, ob Trumps Steuergeschenke ausreichen, um die höheren Belastungen aus wachsendem Schulddienst und steigendem Preisniveau auszugleichen. Für die internationalen Dollar-Schuldner wird es jedenfalls keine Hilfe von Trump geben und so könnte der Zinsanstieg in den USA in der zweiten und dritten Welt Wirtschaftskrisen und Staatspleiten auslösen, die sich sicherlich nicht positiv auf das Weltwirtschaftswachstum auswirken würden.

Am bedrohlichsten ist jedoch wieder einmal die Lage an den Finanzmärkten. In Folge der ausufernden Verschuldung und extrem lockerer Geldpolitik konnte sich der globale Markt für Anleihen auf über 100 Billionen Dollar Gegenwert aufblähen und sich somit zur unangefochten größten Finanzmarkblase der Menschheitsgeschichte entwickeln. Allein die Aussicht nach der Wahl Trumps auf steigende Zinsen und die Rückkehr der Inflation hat die Kurse ins Fallen gebracht und Schätzungen zu Folge weltweit bereits über 1 Billion US Dollar an Wert vernichtet. Diese Papiere sind existenzielle Bestandteile in den Büchern jeder Bank und Versicherung und ein sich fortsetzender Wertverlust hätte unweigerlich systemgefährdende Folgen.

Es bleibt uns daher leider nicht anderes, als abzuwarten, ob die Trumponomics tatsächlich den lang ersehnten „game change“ in Richtung Wachstum und kontrollierter Inflation bringen können und ob sich dieser nur auf die USA beschränkt oder später auch auf den Rest der Welt übertragen ließe. Andernfalls könnten wir Zeuge des größten Bluffs der Geschichte werden, in der Trump sich sowohl als Helikopterturbine als auch als Nadelkissen in einer überreifen Blasenökonomie entpuppen könnte. In diesen unsicheren Zeiten sollten wir jedenfalls dankbar für jeden Tag sein, an dem die Preise für Gold und Silber noch nicht die ständig steigenden Risiken und Inflationsaussichten widerspiegeln...

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GoldGeldWelt Gastautor

ist Diplom-Wirtschaftswissenschaftler und ehemaliger Filialleiter eines Edelmetallhändlers in Hamburg. Seine Spezialgebiete sind physische Edelmetallinvestments, sowie Blockchain und Kryptowährungen. In seinen Marktanalysen beleuchtet er das wirtschaftspolitische Big Picture.

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